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2.2 Farbmanagement im Digitaldruck

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Ohne Farbmanagement ist eine Druckproduktion aus heutiger Sicht nicht mehr möglich. Im Digitaldruck gilt diese Aussage noch mehr. Erfahren Sie in diesem Artikel,

  • warum Farbmanagement für den Digitaldruck unumgänglich ist und
  • welche Gebiete im Digitaldruck beim Einsatz des Farbmanagements betroffen sind.

Während für analoge Druckverfahren standardisierte Verfahren zum Umgang mit dem Farbmanagement existieren, gibt es für den Digitaldruck keine diesbezügliche Lösung. Zu unterschiedlich sind hier die Verfahren, da der Digitaldruck in verschiedenen Bereichen – Verpackung, Etiketten, Large Format, Textil, Keramik, Glas u.dgl. – verwendet wird. Die Anwendung von Farbmanagement im Digitaldruck ist unumgänglich, denn es müssen folgende Herausforderungen gemeistert werden.

  • Verwendung von Light-Farben – um in hellen Bereichen die Körnigkeit im Ausdruck von niedrig auflösendenden Drucksystemen zu reduzieren, kommen im Digitaldruck sehr häufig auch Light-Farben zur Anwendung. Wie viel Light-Farben und bis zu welchem Farbton Light-Farben verwendet werden sollen, muss spektral analysiert und der Übergang zwischen Light- und Normal-Farben errechnet werden. Das Ergebnis einer solchen Berechnung wird in manchen Farbmanagementsystemen unter anderem auch in Form eines DeviceLink-Profils abgebildet.
  • Verwendung nicht-standardisierter Farben – während im klassischen Druck fast ausschließlich CMYK-Farben und Sonderfarben – Pantone, RAL oder HKS – verwendet werden, kommen im Digitaldruck andere Farbräume zum Einsatz: einerseits CMYK-Farben, deren Farborte sich sehr stark von den klassischen Farben unterscheiden, und andererseits können Farbräume sehr beschränkt auf ganz andere Primärfarben – z.B: Blau, Orange, Rot, Grün, Gelb, Braun usw. – aufgebaut sein. Letzterer Punkt findet vor allem im Keramikdruck Anwendung, da hier beispielsweise ein strahlendes Magenta nur durch Hinzufügen von Gold erzielt werden kann, womit die Farbe einen fast unerschwinglichen Preis annehmen kann.
  • Keine Verwendung von Sonderfarben – während speziell im Flexodruck sehr viel mit Sonderfarben gearbeitet wird, werden im Offsetdruck Sonderfarben nur für spezielle Anwendungen wie der Lackierung, der Abbildung von CI-Farben sowie der Erzeugung von Effekten verwendet. Im Digitaldruck werden Sonderfarben nur in den seltensten Fällen verwendet, es müssen hingegen Sonderfarben aus dem Pantone- und HKS-Umfeld über die verwendeten Grundfarben reproduziert werden, was in vielen Fällen nur mit einem sehr großen ∆E-Wert möglich ist. Im Digitaldruck müssen andere Sonderfarben zum Einsatz kommen. Die wohl wichtigsten Sonderfarben im Digitaldruck sind Weiß, Lack sowie Farben für die Vorbehandlung eines Materials, womit in manchen Fällen überhaupt erst die Möglichkeit ein beliebiges Material zu bedrucken geschaffen wird.
  • Verwendung von Gamuterweiternden-Farben – während im Offsetdruck HiFi-Farben nur in aller seltensten Fällen zum Einsatz kommen, werden Digitaldrucksysteme gerne mit Gamuterweiternden-Farben wie Orange, Grün und Violet zusätzlich zu den CMYK-Farben ausgerüstet. Durch die zusätzliche Verwendung kann ein extrem großer Farbumfang reproduziert werden, was sich sehr positiv auf die Umrechnung zur Erreichung des Farbwertes einer Pantone-, RAL- oder HKS-Farbe auswirken kann. Darüber hinaus kann der Gesamtfarbauftrag für spezielle Farben  reduziert werden, was sich positiv auf das Trocknungsverhalten bzw. die Auftragsdicke der Farbe auswirken kann.
  • Unterschiedlichste Materialien – während in den klassischen Druckverfahren fast ausschließlich Papiere bedruckt werden, werden im Digitaldruck alle erdenklichen Materialien bedruckt. Damit ein Material bedruckt werden kann muss die verwendete Tinte mit dem Material verbunden werden können, damit die Haftung gewährleistet ist. Viele Materialien müssen dazu entweder im Vorfeld oder direkt im Digitaldrucker vorbehandelt werden. Bedingt durch die unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheit – rau, glatt, gewellt u.dgl. –, der Verwendung von opaken und transparenten Materialien sowie der Verwendung von optischen Aufhellern in den Materialien (speziell bei Stoffen) ergibt sich ein sehr weites Spektrum, dass man im Digitaldruck nicht von einem Farbraum sondern von tausenden von Farbräumen sprechen muss.

Arbeiten mit nur einem Profil

Damit der Farbraum eines Materials zur Gänze ausgeschöpft werden kann muss jedes Material profiliert werden. Die Verwendung von »einem« Profil ist – ausgenommen Sie wollen nur "bunte Bilder" liefern – schon lange nicht mehr ausreichend.

  • Unterschiedliche Farbtypen – im Markt stehen unterschiedliche Methoden zum Drucken eines farbigen Bildes zur Verfügung. Farben können beispielsweise durch Tonerpartikel oder auch durch Tintentropfen aufgebracht werden. Bei den Tinten gibt es darüber hinaus noch unterschiedliche Typen wie UV- bzw. wasserbasierende Tinten, die für sich selbst wiederum ein zur Gänze unterschiedliches Verhalten in der Trocknung haben. Je nach Druckmodus kann darüber hinaus noch der Glanz der Farbe stark beeinflusst werden, was in manchen Fällen sogar eine Lackierung überflüssig macht. All diese Kombinatorik muss bei der Profilierung berücksichtigt werden, wenn Sie das Maximum an Farbigkeit aus dem Drucksystem herausholen wollen.
  • Direkt- und Transferdruck – sehr starken Einfluss auf die Farbigkeit haben auch die Verfahren, wie die Farbe auf das Material aufgebracht wird bzw. wie die Vor- und Nachbehandlung abgewickelt wird. Beispielsweise können Temperaturunterschiede im Kalander (meist für Textilien verwendet) zu einem wesentlichen Faktor werden. Es müssen die gesamten Prozesse miteinander abgestimmt werden, damit eine Reproduzierbarkeit hinsichtlich der Farbe gewährleistet werden kann. Das Farbmanagement kann in diesem Umfeld kleine Schwankungen kompensieren.
  • Sich ändernde Druckkopfleistung – Druckköpfe sind teuer und werden nicht so schnell ausgetauscht. Druckköpfe unterliegen einem Alterungsprozess, womit die Leistung des Druckkopfes mit fortlaufender Nutzung immer schwächer wird. Mit Farbmanagement können Schwankungen in der Druckkopfleistung durch eine Relinearisierung bzw. Reprofilierung bis zu einem gewissen Punkt kompensiert werden. Eine Anpassung der Druckkopfleistung durch Anheben der Spannung am Druckkopf kann obendrein zu einem gewünschten Ergebnis führen.
  • Anpassung von Drucksystemen – werden gleiche Drucksysteme verwendet, die meistens unterschiedlichen Alters sind, so ist die Anforderung an die Drucksysteme möglichst gleich zu drucken gegeben. Für dieses Ansinnen kann Farbmanagement sehr gut herangezogen werden, um die Farbigkeit des neuen Drucksystems an die Farbigkeit des alten Systems anzugleichen.
  • Unterschiedliche Wahrnehmung – während im klassischen Offset- und Flexodruck die Wahrnehmung von Grau standardisiert ist, wird der Wunsch hinsichtlich eines kühleren Graus, speziell im Large Format Umfeld, sehr schnell auftreten. Die selben Diskussionen werden sich zur Farbe Schwarz ergeben. All diese Wünsche müssen in einer standardisierten Art und Weise über das Farbmanagement abgebildet werden, denn durch die Anwendung einer einfachen Farbkorrektur kann solch ein Prozess nicht standardisiert werden.
  • Steuerung des Verbrauchs – während bei klick-basierten Systemen versucht wird möglichst wenige Klicks zu erzeugen – dies kann durch Verwendung von CMY ohne Schwarz oder nur Schwarz ohne CMY erfolgen – zählt bei Tintenstrahldrucksystemen einfach nur, wieviel Tinte für den Druck verwendet wird. Da Tinten im Vergleich zu Farben für den Offsetdruck noch immer sehr teuer sind, zählt bei diesen Drucksystemen nur, wie man den Tintenauftrag möglichst reduzieren kann. Für dieses Vorhaben müssen unterschiedlichste Berechnungsmöglichkeiten in einem Farbmanagementsystem zur Verfügung stehen, um genau den Tintenverbrauch hinsichtlich Einsatz von Gamuterweitertenden-Farben als auch die Verwendung von Schwarz anstelle von anderen Primärfarben für dunkle Farben zu steuern. Es gibt in dieser Sache keine Standards, denn jedes Sujet kann abhängig von den verwendeten Farben und der Anzahl der Farben auf sehr unterschiedliche Weise separiert werden.

All diese Punkte zeigen auf, dass es sich um eine sehr komplexe Materie handelt, die vom Anwender verstanden werden muss, sofern aus einem Drucksystem das Maximum an Farbigkeit bei gleichzeitiger Einsparung von Druckfarben herausgeholt werden soll, und nebenbei noch Sonderfarben oder ein bestehender Offsetdruck gematcht werden muss.

In dieser Hinsicht war die Herausforderung in der Entwicklung des Workflows diese komplexe Thematik in eine verständliche und vor allem transparente Art in einer Benutzeroberfläche unterzubringen. Die Möglichkeiten, die der Workflow in Sachen Farbmanagement anbietet sind enorm – wer sich damit etwas beschäftigt wird viel Geld einsparen und die besten Druckergebnisse zur vollen Zufriedenheit der Kunden liefern können.

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